Das Kempten-Museum widmet sich in einer Sonderausstellung einem bisher wenig erforschten Thema der Kemptener Geschichte – den sogenannten „Displaced Persons“. Diese waren verschleppte, ehemalige Zwangsarbeiter und Geflüchtete, die sich nach dem Kriegsende in Kempten aufhielten. Im Sommer 1945 lebten tausende Ausländer:innen als „Displaced Persons“ in Kempten, darunter etwa 2.500 Angehörige der von Stalin annektierten baltischen Staaten.

Die Geflüchteten wurden in Lagern untergebracht, vor allem 1.300 Litauer:innen fanden Zuflucht in der ehemaligen Schlosskaserne. Trotz schwieriger Bedingungen entfalteten sie ein bemerkenswertes kulturelles Leben mit Gottesdiensten, Schulunterricht, Sportveranstaltungen, Konzerten und Theateraufführungen.

Der litauische Fotograf Kazys Daugėla dokumentierte einfühlsam den Alltag im Lager und schuf fotografische Kunstwerke sowie wertvolle Dokumente einer Epoche, die im Kontrast zu unserer heutigen Zeit des Wohlstands und der Sicherheit steht. Dr. Wolfgang Petz, Historiker und ehemaliger Lehrer, konnte durch seine akribischen Nachforschungen die Lebensumstände der Litauer:innen in Kempten nachzeichnen. Die Fotos von Kazys Daugėla gewinnen an aktueller Bedeutung durch den Überfall auf die Ukraine, der erneut Millionen von Menschen zur Flucht vor Krieg und Diktatur veranlasst.

Am 18. März besucht Honorarkonsul Wittstock die Ausstellung „Zuflucht auf Zeit“ über das litauische Leben in Kempten:

Nachdem ich die Ausstellung und Publikation besucht habe, bin ich zutiefst beeindruckt von der einfühlsamen Art, wie sie einen fesselnden Einblick in die Geschichte und das Leben der „Displaced Persons“ in Kempten vermittelt. Die Ausstellung hat es geschafft, die bewegenden Erfahrungen und Herausforderungen dieser Verschleppten, ehemaligen Zwangsarbeiter und Geflüchteten auf eine Weise zu präsentieren, die mich nachhaltig berührt hat.

Besonders bemerkenswert fand ich die Art und Weise, wie die Ausstellung einen zeitgenössischen Blick auf aktuelle Fluchtbewegungen aufgrund von Krieg und Unterdrückung geworfen hat. Durch den Bezug zu den jüngsten Ereignissen, wie dem Überfall auf die Ukraine, konnte ich eine tiefere Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart spüren. Es hat mich zum Nachdenken angeregt und verdeutlicht, dass das Thema der Flucht und Vertreibung auch in unserer heutigen Zeit drängend und von großer Bedeutung ist.

Besonders hervorzuheben sind die Fotografien von Kazys Daugėla, die nicht nur als Dokumente einer vergangenen Epoche fungieren, sondern auch eine zeitlose künstlerische Ausdruckskraft besitzen. Sie veranschaulichen auf eindrucksvolle Weise das Leben der „Displaced Persons“ und lassen uns die Schwere ihrer Situation erahnen.

Die Ausstellung und Publikation sind ein wichtiges Zeugnis unserer Geschichte und erinnern uns daran, dass wir auch heute Verantwortung tragen, Flüchtenden und Vertriebenen mit Mitgefühl und Unterstützung zu begegnen. Ich danke dem Kempten-Museum und den Kuratoren für diese eindrucksvolle und bedeutungsvolle Ausstellung. Sie hat meine Perspektive erweitert und mich dazu inspiriert, mich weiterhin für ein offenes und verständnisvolles Miteinander einzusetzen.

Zur Ausstellung erscheint das gleichnamige Buch „Zuflucht auf Zeit. Lageralltag in Kempten 1945 bis 1949 aus der Sicht des litauischen Fotografen Kazys Daugėla“ von Dr. Wolfgang Petz im Likias Verlag, Friedberg. Es ist im Buchhandel und im Museumsshop des Kempten-Museums für 24 € erhältlich.

Zuflucht auf Zeit – Ausstellung in Kempten

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